Reform der Kraftfahrzeugsteuer
Die bessere Alternative zu einer CO2 emissionsbasierten Kraftfahrzeugsteuer
Seit einiger Zeit werden Pläne diskutiert, die Kraftfahrzeugsteuer nicht mehr aus dem Hubraum des Motors abzuleiten, sondern die Menge des emittierten Kohlendioxids als Berechnungsgrundlage heranzuziehen. Ein sinnvoller Ansatz, es gibt aber eine weitaus effektivere Möglichkeit.
In der BRD wird traditionell die Kraftfahrzeugsteuer nach dem Hubraum des Motors berechnet. Früher war dies ein ungefähres Maß dafür, wie leistungsstark und groß ein Fahrzeug ist. Es stellte eine einigermaßen gerechte Berechnungsgrundlage für die Kraftfahrzeugsteuer dar. Diese basiert auf dem Grundsatz, dass alles was groß, stark und teuer ist auch kräftig besteuert werden muss.
Allerdings, schon früher war die Welt etwas komplizierter. So ist beispielsweise ein turbo-aufgeladener Motor bei gleichem Hubraum weitaus leistungsstärker als ein Saugmotor gleichen Hubraums. Für ihn ist aber die gleiche Steuer zu entrichten. Das ist nicht gerecht.
Außerdem hat man die Kfz-Steuer bereits früher als Steuerungsinstrument benutzt, indem erwünschte Bauarten von Fahrzeugen in den Genuss einer reduzierten oder gar ganz erlassenen Kfz-Steuer kamen, während andere mit höheren Sätzen bestraft wurden. Das ist legitim.
Zur Zeit werden energische Schritte zur Reduzierung des Ausstoßes von Kohlendioxid (CO2) gefordert. Entsprechende technische Lösungsansätze gibt es durchaus. Am Markt haben sie sich aber nicht durchgesetzt. Die Kunden in den reichen Industriestaaten bevorzugen zur Zeit immer größere und schnellere Fahrzeuge. Eine schwere Luxuslimousine oder ein SUV bewegt sich jedoch nicht von alleine sondern nur mit Hilfe von Kraftstoff, oft sogar von sehr viel Kraftstoff. Viel verbrannter Kraftstoff bedeutet auch viel Kohlendioxid, daher liegt es nahe, die Emission von CO2 zu besteuern und korrigierend in das System von Angebot und Nachfrage einzugreifen.
Saudumme Idee
Das ist legitim – dennoch ist eine entsprechende Umstellung der Kraftfahrzeugsteuer auf gut Deutsch saudumm. Dumm ist es, weil eine gerechte Festlegung einer Steuer ausschließlich unter Berücksichtigung des Fahrzeugs- und Motortyps gar nicht möglich ist. Egal wie genau sie ein Auto vermessen, es ist nicht möglich irgendeine Kenngröße zu finden, die dem tatsächlichen CO2 Ausstoß des Fahrzeugs gerecht berechnet. Man bedenke nur, dass jemand, der im Jahr 30.000 km zurücklegt, voraussichtlich den doppelten Schadstoffausstoß eines Autofahrers mit lediglich 15.000 km jährlicher Fahrleistung haben wird. Warum sollte er die gleiche CO2-Steuer bezahlen?
Bevor wir zur einem, und wie sich zeigen wird, überraschend einfachen und vertrauten alternativen Besteuerungsansatz kommen, sollten wir uns aber noch einmal genau überlegen, was in einem Auto bzw. seinem Motor passiert.
Motorinterna
Die überwiegende Masse der Kraftfahrzeuge werden mit Mineralöl als Kraftstoff betrieben. Egal ob Benzin oder Diesel, es handelt sich immer um ein Gemisch verschiedener Verbindungen von Kohlenstoff- und Wasserstoffatomen, weshalb diese Stoffe allgemein Kohlenwasserstoffe genannt werden. In geringem Maße treten zwar auch Beimengungen anderer chemischer Elemente auf, sie spielen aber für die folgenden Betrachtungen keine entscheidende Rolle.
Dem Motor kommt die Aufgabe zu, den Vortrieb für das Fahrzeug zu erzeugen. Deswegen wird in ihm der Kraftstoff zur Reaktion mit Sauerstoff aus der Umgebungsluft gebracht, kurz: Man verbrennt ihn. Die Reaktion ist mit der Abgabe einer beträchtlichen Menge von Wärme verbunden. Diese Wärme wird mit einer trickreichen Mechanik aus Kolben, Pleuelstange, Kurbelwellen in eine Drehbewegung umgesetzt, mit der man das Fahrzeug antreibt. Bei der Verbrennung des Kraftstoffs entstehen drei Stoffgruppen:
Wasser: Wasser entsteht, weil im Kraftstoff eine beträchtliche Menge Wasserstoff enthalten ist. Wasser ist an sich harmlos und verursacht höchstens Korrosionsprobleme am Motor oder der Abgasanlage.
Kohlendioxid: Kohlendioxid entsteht wegen des im Kraftstoff enthaltenen Kohlenstoffs. Auch CO2 ist an und für sich harmlos. Es lässt beispielsweise Getränke, wie Mineralwasser, Cola und Bier sprudeln und verleiht ihnen einen säuerlichen Geschmack, wobei man es dann – weil es in Wasser gelöst ist – als Kohlensäure bezeichnet. CO2 hat allerdings eine verhängnisvolle Eigenschaft. Ähnlich wie die Glasscheiben eines Treibhauses lässt es Sonnenlicht hindurch. Das Licht erwärmt alle Gegenstände im Gewächshaus. Die erwärmten Objekte versuchen zwar die Wärme wieder in Form von Wärmestrahlung abzustrahlen. Aber die Scheiben des Gewächshauses lassen die Wärmestrahlung nicht so gut wieder in die Gegenrichtung passieren. Die Wärme bleibt im Gewächshaus eingesperrt. Das Kohlendioxid in der Erdatmosphäre verhält sich ähnlich wie eine Glasscheibe, und in Analogie dazu spricht man bei der vom Kohlendioxid verursachten Erderwärmung vom „Treibhauseffekt“.
Diverse andere Schadstoffe: Diese sind hauptsächlich Stickoxide, Schwefeldioxid, nicht vollständig verbrannte Kohlenwasserstoffe und Ruß. Stickoxid entsteht beispielsweise, weil bei der Verbrennung im Motor auch Luftstickstoff anwesend ist. Eigentlich hat Stickstoff nur eine geringe Neigung mit Sauerstoff zu reagieren. Wegen der hohen Temperatur und des hohen Drucks im Motor geschieht das aber doch. Schadstoffe wie Stickoxid oder Ruß sind in höchstem Maße unerwünscht. Sie sind zum Beispiel für den sauren Regen oder zum Teil für die Feinstaubbelastung verantwortlich.
Die meisten dieser Stoffe sind inzwischen technisch gut beherrschbar. Sie treten nur in relativ kleinen Mengen auf und Katalysatoren oder Filter ermöglichen eine so wirkungsvolle Reduktion, dass ihre Konzentration im Abgas kaum höher als in der normalen Umgebungsluft ist.
Kohlendioxid, ein besonderer Schadstoff
Beim Kohlendioxid ist die Lage grundsätzlich anders. Erinnern wir uns an unseren Chemieunterricht zurück. Man kann die Verbrennung der im Kraftstoff enthaltenen Kohlenwasserstoffe ungefähr mit folgender Reaktionsgleichung beschreiben:
Die Reaktion von Kohlenstoff und Sauerstoff zu Kohlendioxid ist zusammen mit der bereits erwähnten Verbrennung des Wasserstoffs die eigentliche Kraftquelle des Motors. Die Entstehung von Kohlendioxid ist aber nicht nur unvermeidlich, es entsteht auch in so großen Mengen, dass eine Bindung oder Filterung unmöglich ist.
Wie misst man den CO2-Ausstoß?
Die Reaktionsgleichung zeigt es: Die Menge des erzeugten Kohlendioxids hängt exakt von der Menge des verbrauchten Kraftstoffs ab. Mathematisch ausgedrückt heißt das: Die Menge des erzeugten CO2 ist proportional zum verbrauchten Kraftstoff.
Aber wieviel Kraftstoff verbraucht eigentlich ein Fahrzeug? Die Antwort ist verblüffend einfach: Garantiert nicht mehr, als das was sie an der Tankstelle einfüllen. Und wenn sie den Tank irgendwann leer fahren, dann ist es auch garantiert nicht weniger.
Wenn sie den Prospekt irgendeines Herstellers aufschlagen, werden sie aber gleich mit drei Verbrauchsangaben verwirrt, die sich zudem recht deutlich unterscheiden: Innerstädtisch, außerstädtisch und kombiniert. Welcher ist denn nun der richtige? Auch hier ist die Antwort einfach: Keiner. Der Kraftstoffverbrauch hängt nicht nur von der Bauart des Fahrzeugs sondern auch von der Art ab, wie es bewegt wird.
Wenn sie in der Stadt unterwegs sind, müssen sie oft anfahren und auch oft wieder anhalten. Beim Anfahren verbrennen sie Kraftstoff und wandeln einen Teil der in ihm gespeicherte Energie in Bewegungsenergie des Fahrzeugs um. Beim Bremsen wird diese Bewegungsenergie meistens von einer Bremse in Wärme umgewandelt, mit der sie danach nichts sinnvolles mehr anfangen können. Beim nächsten Anfahren benötigen sie dann erneut Kraftstoff. Sind sie hingegen auf einer Landstraße unterwegs, fahren sie große strecken mit relativ konstanter Geschwindigkeit. Der Verbrauch ist relativ niedrig, weil sie nicht ständig Energie in der Bremse vernichten. Rasen sie am Ende aber gar mit Vollgas über die Autobahn hilft ihnen auch eine konstante Geschwindigkeit wenig: Der bei hohen Geschwindigkeiten rapide anwachsende Luftwiderstand treibt den Verbrauch in manchmal schwindelerregende Höhe.
Um den Verbrauch von Fahrzeugen vergleichbar zu mache, messen die Fahrzeughersteller den Verbrauch in europaweit exakt festgelegten Fahrprogrammen. Eines der Fahrprogramme versucht die Verhältnisse im Stadtverkehr nachzuahmen, während ein andere die Fahrt auf Landstraßen simuliert. Am Ende bildet man noch den Mittelwert aus beiden Fahrprofilen, was den Verbrauchswert „kombiniert“ ergibt.
Die vordefinierten Fahrprofile imitieren aber nur ungefähr den realen Straßenverkehr. Deswegen gelten sie teilweise auch als praxisfremd. Die meisten Autofahrer dürften Mühe haben, mit ihrem Auto den vom Hersteller angegebenen Verbrauch zu erzielen. Daran trägt der Hersteller aber keine Schuld: Die Fahrprofile, die bei der Ermittlung des Kraftstoffverbrauchs verwendet werden, sind gesetzlich vorgeschrieben.
Wie besteuern?
Es sollte nun klar sein, dass es nur eine korrekte Art der Besteuerung geben kann, die neben der Bauart des Fahrzeugs auch die Art und Weise belohnt oder bestraft, wie ein Fahrzeug bewegt wird: Die Besteuerung des verbrauchten Kraftstoffs.
Merkwürdig, dass eine solche Steuer schon längst existiert. Genaugenommen existiert sie sogar schon doppelt, nämlich als Mineraölsteuer und als Ökosteuer. Warum nicht die traditionelle Kfz-Steuer aufheben und die Mineralöl- oder Ökosteuer in dem Maße erhöhen, dass am Ende des Jahres die gleichen Einnahmen generiert werden? Wem das zu einfach erscheint, der kann statt dessen eine dritte Steuer auf den Kraftstoff erheben, eine „Kohlendioxidsteuer“, was letztlich auf das selbe hinausläuft.
Die Vorteile des Ansatzes liegen auf der Hand:
Vollkommene Gerechtigkeit (Teil 1): Jeder wird genau in dem Maße besteuert, wie er die schädliche Substanz CO2 freisetzt.
Vollkommene Gerechtigkeit (Teil 2): Keiner entgeht der CO2 Besteuerung. auch nicht ausländische Fahrzeuge, die auf dem Gebiet der Bundesrepublik bewegt werden.
Schlankerer Staat, geringere Kosten: Der Staat benötigt keinen bürokratischen Apparat mehr zur Einziehung der Kraftfahrzeugsteuer. Hier liegt eine sehr einfache Chance, die ausufernde Komplexität unserer Verwaltung zu reduzieren und auch noch Kosten zu sparen: Alleine die Portokosten für den jährlichen Versand der Steuerbescheide sollten heute bei geschätzten 40 Mio Fahrzeugen ca. 20 Mio Euro betragen. Die Infrastruktur für das Einziehen einer erhöhten Mineralöl- oder Ökosteuer existiert hingegen schon, ihre Kosten sind von der Höhe der Steuer unabhängig.
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